Gestalten sind im Prinzip die unveränderlichen zeit- und raumlosen Elemente des Wissens. Doch um das sein zu können und Wirkung zu entfalten, müssen sie ständig mit Aktivität verbunden sein, die sie erscheinen lässt – immer wieder, in den verschiedensten Zusammenhängen.
Wir nennen den Raum, in dem das geschieht – und der genau dadurch charakterisiert ist, dass die jeweilige Gestalt in ihm erscheint – die „Sphäre“ der Gestalt.
Eine Sphäre ist, wenn man so will, ein Raum des Wissens, ein Unterraum des eigentlichen, großen, der alle Sphären umfasst. In einer Sphäre gibt es nur eine Art von Wissen, alles in ihr hat dieselbe Gestalt.
Das mag sehr unrealistisch klingen, und tatsächlich gibt es so etwas in dieser Reinheit nirgends: die Sphären durchdringen einander. Dennoch ist die Vorstellung eines überall gleich gestalteten Raumes durchaus nicht ungewöhnlich. Wir müssen nur den Begriff der „Gestalt“ weiter fassen, als es zunächst nahe liegen mag. Dann ist jede Gesetzmäßigkeit eine Gestalt, alles, was immer gleich bleibt.
So gesehen wohnen z.B. Wissenschaften eigentlich stets in ihren Sphären: Ihre (Natur-)Gesetze, Theorien, Beschreibungen und Modelle sollen immer gültig sein. Alles, was real ist, alles, was tatsächlich geschieht, muss ihnen entsprechen. Andere, nicht aus ihnen ableitbare, Gestalten darf es nicht geben.
Akzeptieren wir aber, dass es viele unterschiedliche – auch verschiedene wissenschaftliche – Betrachtungsweisen gibt, dann kommen wir an im Raum des Wissens, der allen Sphären ineinander übergreifend Platz bietet. Jede von ihnen darf ihre reine Gültigkeit behaupten und bewahren. Ohne dass Anderes ausgerottet werden muss. Vielleicht findet sich ja nützliche Bereicherung und Ergänzung?...
Betrachten wir nun die Aktivität, die zu einer Gestalt und ihrer Sphäre gehört, und die wir ihr „Erscheinen“ nannten. Sie (re-)produziert die Gestalt, indem sie den Unterschied macht zu dem, was diese umgibt. Die Sphäre einer Gestalt ist das auf diese Weise Unterschiedene, das, was nicht jene Gestalt hat, ein spezifisches Nicht-Sein, ein Fehlen, eine Hohlform, die ausgegossen werden kann und so die Gestalt vervielfältigen hilft.
Allerdings hat dieses Bild einen unangebrachten Nebeneffekt: es erzeugt den Eindruck der Abkapselung. Aktivität wird zu passiver Reproduktion. Und Sphären verdichten sich zu finsteren Blöcken, in denen Gestalten auf ewig erkalten. Soweit muss es nicht kommen – eigentlich ist alles ganz anders.
Das Erscheinen einer Gestalt strahlt wie Licht. Vibrierend zwischen ihrem Sein und ihrem Nicht-Sein verleiht es ihr Bestand. Es hebt sie ab von ihrem Hintergund – und lässt sie in ihm aufgehen. So konstituiert sich mit der Gestalt auch die Umgebung, in der sie erscheint, die Sphäre, die erfüllt ist von der leuchtenden Botschaft ihres Seins.