im
Raum
des
Wissens


Weg 9

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Sphären durchdringen einander



Weil die Sphäre einer Gestalt unendlich ist, gibt es keine Grenze, die überschritten werden könnte. Nichts kann eindringen. Und nichts hinaus.

Das ist auch gar nicht nötig. Die Gestalt strahlt grenzenlos. Sie ist endlos aktiv – und ihre Aktivität äußert sich in Interaktionen mit anderen Gestalten. Nur in diesen gemeinsamen Aktivitäten besteht sie. So ist das, was sie hervorhebt und unterscheidet, auch das, was sie mit anderen verbindet. Ihre Sphäre bewahrt ihre Reinheit nur dank der Durchdringung mit anderen. Dennoch kann die Sphäre in gewisser Weise gewechselt werden – gerade weil es keine Grenzen gibt. Die verschiedenen Räume durchdringen einander. Keiner muss verlassen oder betreten werden.

Etwas verändert sich, wenn das geschieht, was hier „Wechsel der Sphäre“ genannt wurde: es findet also Aktivität statt. Sie lässt die Sphären einander durchdringen. Mehr noch: jede Aktivität kann als derartiger Wechsel von einer Sphäre in eine andere angesehen werden.

Andererseits ist Aktivität das, was eine bestimmte Gestalt samt ihrer Sphäre konstituiert. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vom „Erscheinen“ der Gestalt. Und können jetzt sagen, dass dieses stets in Relation zu anderen Sphären geschieht: eine Gestalt erscheint, wenn ein Wechsel aus anderen in ihre Sphäre stattfindet.

Doch diese Erklärung ist sehr stark fixiert auf den Begriff des „Wechsels“ und droht, die Sphären abzuschließen. Durchdringung aber erlaubt die grenzenlose Unendlichkeit jeder Sphäre. Wenn also durch Aktivität in eine neue Sphäre gewechselt wird, dann hört die alte deshalb nicht auf. Sie tritt nur sozusagen in den Hintergrund.

Auch diese Erklärung benutzt Bilder, die manches erhellen, ansonsten aber ebenso viele falsche Vorstellungen erzeugen können. Etwas anderes bleibt uns jedoch nicht: Phänomene im Raum des Wissens wie die Duchdringung der Sphären können nicht umfassend und endgültig durch ein einziges – mehr oder weniger statisches – Bild illustriert werden. Uns bleibt hier nur, verschiedene Ansichten zu liefern. Erst aus ihrer Kombination und geistigen Durchdringung kann sich dann hoffentlich für den Leser so etwas wie ein klarer Begriff herauskristallisieren: die Gestalt.

Genau so entstehen Gestalten. Dies ist der Prozess der Vereinigung, der zur Herausbildung einer Gestalt führt. Die verschiedenen Ansätze, die anfangs vielleicht wenig miteinander zu tun hatten, verschmelzen zu einer unmittelbar einsichtigen Einheit. Dies geschieht, wie jeder Übergang in eine andere Sphäre, spontan. Doch eine gewisse Gewöhnung an immer wiederkehrende Aktivitäten kann den Boden bereiten, auf dem die Saat der Erkenntnis aufgeht.

Verstehen verlangt durchdringende Aktivität. Überlagerung verschiedener Sphären und Wechsel zwischen ihnen sind Voraussetzung dafür, dass etwas in neuer Umgebung gleichsam widergespiegelt werden kann. So wird es gesehen, gehört, verstanden – nicht als ein Fremdes, das von irgendwoher eindringt, sondern als Teil des inneren Kosmosses, Ergebnis interner Prozesse.

Das Phänomen der Durchdringung kann erst dann angemessen visualisiert werden, wenn wir das strahlende Leuchten der beteiligten Sphären berücksichtigen. Es ist Ausdruck der mit ihnen verbundenen Aktivität, die an sich keine Grenzen kennt. Aber im Zusammenspiel mit anderen vermag sie leuchtende Linien, Flächen und Räume zu bilden, die als Grenzen dienen können – ohne dadurch ihre Leuchtkraft zu verlieren. Das alles spielt sich ab im Raum des Wissens, der dadurch strukturiert wird.